Das Mädchen und die Tigerin

Es war einmal eine Tigerin, die seit vielen Jahren in einem kleinen Käftig lebte. Ihr Körper war markiert von schlimmen Verletzungen und Wunden. Um sie herum, außerhalb des Käfigs blühten die Blumen, der Wald duftete vom frisch gefallenen Regen. Aber in ihrem Scmerz und ihrer Angst vor weiteren Verletzungen traute sie sich nur selten die Augen zu öffnen und auf die Landschaft außerhalb ihrer Umgebung zu schauen, sie zu riechen oder zu fühlen.

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Oft brüllte und weinte sie vor Schmerz, wusste nicht wie sie noch einen weiteren Tag überleben sollte und gleichtzeitig wollte sie nichts sehnlicher, als ihre Wunden zu heilen, sich von diesem Schmerz zu lösen. Sie wollte aus ihrem Käfig in die Freiheit, aber sie konnte nicht mehr laufen, denn der schon so lang anhaltende Schmerz hatte ihren Körper betäubt.

Eines Tag stand ein kleines Mädchen vor dem Käfig. Die Tigerin begann zu brüllen: „Komm bloß nicht in meine Nähe.“ Jedoch das kleine Mädchen hatte keine Angst, es blieb einfach nur stehen und beobachtete das verwundete Tier. Und irgendwann näherte sie sich der Käfigtür und trat hinein. Laut und voller Angst brüllte die Tigerin auf. Das Mädchen blieb stehen, ruhig, sicher, voller Vertrauen.

Die Tigeren traute ihren Augen nicht. Was wollte denn diese kleine Mädchen von ihr, das überhaupt keine Angst zeigte und sich ihr immer mehr näherte? Angst und Ohnmacht durchzogen ihren ganzen Körper. Erinnerungen kamen auf von Schmerz, Verwundungen und Leid. Wollte dieses kleine Mädchen ihr etwa noch mehr Schmerz zufügen?

Aber nein, was tat sie? Das Mädchen legte sich einfach nur neben die Tigerin. Ganz ganz nah, bis sie ihre Haut an ihrem Fell spüren konnte. Und dann merkte sie, wie sich das Mädchen langsam dicht an sie schmiegte und ganz vorsichtig begann, sie ihr das Fell zu streichekln.

Die Tigerin wusste nicht, ob sie brüllen oder weinen oder einfach nur stillhalten und ein wenig genießen sollte.

Vergingen Sekunden, Momente oder Stunden? Sie weiß es nicht mehr. Sie erinnert sich nur daran, dass sie irgendwann vor völliger Erschöpfung zur Ruhe kam und das Mädchen gewähren ließ, dass ganz langsam und vorsichtig begann die Wunden zu behandeln.

Und die Tigerin sagte ganz leise: „Ich vertraue dir.“ und ließ das Mädchen gewähren, dass sich voller Liebe, Vertrauen und tiefer Verbundenheit um sie kümmerte.